Kurzvortrag zur Verleihung des Ludwig-Feuerbach-Preises 2023 des bfg Augsburg an Gerhard Czermak
Lieber Gerhard Czermak, sehr geehrte Gäste, liebe Mitglieder des Bundes für Geistesfreiheit!
Endlich ist es soweit! Nach Corona und anderen Verzögerungen erhält heute Dr. Gerhard Czermak den Ludwig-Feuerbach-Preis des Bundes für Geistesfreiheit Augsburg, den ihm der Vorstand schon 2019 zuerkannt hat. Ich gebe zu: Wir hatten uns zuvor lange gefragt, wie das ankommt, wenn der bfg ein langjährig engagiertes bfg-Vorstandsmitglied auszeichnet. Ehrt da am Ende nicht der bfg sich selbst? Im Laufe der Jahre wurde aber klar, dass Gerhard Czermak bundesweit eine so große Bedeutung als Religionsverfassungsrechtler hat, dass er schon allein deshalb den Preis hochverdient hat. Die Gründe wird nachher der Laudator darlegen. Ich lege also Wert auf die Feststellung, dass seine Tätigkeit beim bfg Augsburg nicht zur Preisverleihung beigetragen hat. Aber sie soll hier auch erwähnt werden, denn sie hat den bfg Augsburg erheblich vorangebracht. Gerhard Czermak ist 1985 bei uns eingetreten, als der bfg Augsburg noch ganz klein war. Erst ein Jahr später, also 1986, hatten wir erstmals in der Nachkriegszeit 100 Mitglieder und im gleichen Jahr wurde Gerhard Czermak neben Dietmar Michalke stellvertretender Vorsitzender. Dieses Amt hatte er bis zum Jahr 2000 inne, also 14 Jahre lang, in denen der bfg von 100 auf knapp 500 Mitglieder wuchs. Daran hat auch er einen Anteil. Er war nicht nur unser Berater in religionsverfassungsrechtlichen Fragen, von dem vor allem ich selbst viel gelernt habe, sondern er hielt auch Vorträge bei diversen bfg-Veranstaltungen. Vor allem aber machte er uns in den monatlichen Gesprächskreisen mit der umfangreichen religions- und kirchenkritischen Literatur vertraut. Dabei konnte ich vor allem seine Fähigkeit neidvoll bewundern, in extrem kurzer Zeit den wesentlichen Inhalt von Büchern herauszuarbeiten und zusammenzufassen. Daraus entwickelte sich schließlich auch ein bemerkenswertes kirchengeschichtliches Buchprojekt, nämlich eine Geschichte der christlichen Judenverfolgung. Gerhard Czermaks Buch "Christen gegen Juden", das von Lesern einhellig hochgelobt wurde und das meines Erachtens die kompletteste Darstellung des christlichen Antisemitismus von der Antike bis etwa 1995 ist. Sie können dieses Buch übrigens heute am Bücherstand zum Sonderpreis von nur 2 Euro erwerben, denn ich habe vor etwa 20 Jahren den letzten Teil der Rowohlt-Auflage als Restposten aufgekauft, nachdem zuvor etwa 10.000 Exemplare verkauft worden waren. Die zwei Euro sind natürlich nur eine Schutzgebühr. Sie kennen ja den Grundsatz "Was nichts kostet, ist nichts wert". Dieses Buch eignet sich jedenfalls hervorragend als günstiges Weihnachtsgeschenk für Nichtglaubende und Skeptiker.
Lieber Gerhard, zum Abschluss meiner Ausführungen bitte ich Dich, unverdrossen so weiterzumachen wie bisher. Ich weiß, dass Du manchmal Zweifel hattest, ob all Dein Schaffen überhaupt Beachtung findet und Früchte trägt. Ich bin überzeugt, dass dem auf die Dauer so ist, obwohl wir natürlich nicht wissen, wann es soweit sein wird. Aber viele von Ihnen, liebe Gäste, haben die letzte Preisverleihung vor nun sieben Jahren an Ingrid Matthäus-Maier noch im Gedächtnis. Seit damals ist der Anteil der beiden Großkirchen an der deutschen Bevölkerung um volle acht Prozentpunkte, nämlich von 54 auf 46 Prozent geschrumpft. In München und Augsburg ist der kirchliche Bevölkerungsanteil sogar um ein Achtel binnen zweieinhalb Jahren gesunken. Nehmen wir einmal an, dass es für das nächste Achtel ein Jahr länger braucht, also dreieinhalb Jahre. Dann hätten wir einen Rückgang der Kirchenmitgliederzahl um ein Viertel in nur sechs Jahren. Jedenfalls werden zu Beginn des nächsten Jahrzehnts Katholiken und Protestanten auch in Bayern in der Minderheit sein, und bis dahin wird der Kirchenanteil bundesweit sogar auf unter 40 Prozent fallen. Dann kommt der Zeitpunkt, an dem es sich keine Partei mehr leisten kann, die weltlichen Humanisten zu ignorieren. Spätestens dann wird man auch Deine Ausarbeitungen zur Kenntnis nehmen müssen.
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