Rundmail 2024-3

Liebe Mitglieder und dem bfg Augsburg Nahestehende,

Themen der Tee-/Kaffee-Nachmittage am 20. März und am 3. April sind je nach Entscheidung der Anwesenden:

Die Konstantinische Schenkung und ihre Folgen

und

Brauchen Konfessionsfreie eine eigene Partei?

Zum ersten Thema gibt es eine kurze historische Einführung. Die angebliche Schenkung des weströmischen Reichsgebiets durch Kaiser Konstantin (der sich anschließend um das oströmische Reich gekümmert und u.a. Konstantinopel gegründet habe) an Papst Silvester im Jahr 315 war jedenfalls ein Ursprung für den Reichtum der Kirche auch nördlich der Alpen. Jedenfalls sind die beiden Großkirchen heute die reichsten der Welt mit einem Gesamtvermögen von rund 2,5 Billionen Euro, davon mehr als die Hälfte Grundvermögen.

Das zweite Thema ergibt sich aus der Tatsache, dass selbst Parteien, die sich früher stärker mit der Trennung von Staat und Kirche befasst haben - u.a. die FDP mit ihrem Kirchenpapier von 1974, die Grünen in ihrer Gründungs- und Aufbauphase, zeitweise auch die Linke und auch Teile der früher deutlich säkular ausgerichteten SPD - inzwischen offenbar das Interesse an diesem Thema verloren haben. Und das ausgerechnet zu einer Zeit, wo sogar in Bayern der Anteil der Kirchenmitglieder binnen fünf Jahren von 66 auf 58 Prozent gesunken ist!

Unter diesen Umständen wundert es nicht, dass unter säkular eingestellten jüngeren Menschen das Interesse an der Partei der Humanisten deutlich zunimmt. Die sozialliberal eingestellte PdH hat die Trennung von Staat und Kirche als Hauptthema. Allerdings ist sie derzeit weit unter der 5-Prozent-Hürde, die indes für die Europawahl im Juni nicht gilt. Dort reichen 0,6 Prozent für einen Sitz. Immerhin ist das Verhältnis der Konfessionsfreien zu den diversen Parteien ein ernsthaftes Diskussionsthema.

Weitere Informationen:

München/Augsburg. Die bereits vorliegenden Kirchendaten in der größten und drittgrößten Stadt Bayerns (1,6 Mio. bzw. 300.000 Einwohner) lassen den Schluss zu, dass die Austrittszahlen 2023 zwar geringfügig unter denen von 2022 liegen, aber deutlich über dem Stand jedes anderen Jahrs zuvor.
In München sank der Anteil beider Kirchen 2023 um exakt 1,50 Prozentpunkte von 35,20 auf 33,70 %. Darunter war die evangelische Kirche mit 0,38 (von 9,35 auf 8,97 %) relativ gleich stark betroffen wie die katholische. In Augsburg ging der Anteil der Kirchenmitglieder in 2023 von 46,3 auf 44,2 % zurück. Besonders aufschlussreich ist die Entwicklung, wenn man die letzten drei Kalenderjahre zusammen betrachtet. In 2021 bis 2023 ging der Anteil der Kirchenmitglieder in München um fast ein Sechstel (von 39,20 auf 33,70 %) und in Augsburg um ein knappes Siebtel (von 50,9 auf 44,2 %) zurück. Interessanterweise traten im Landkreis Augsburg sogar noch relativ mehr Menschen aus als in der Großstadt, d.h. die Austrittswelle erreicht inzwischen auch das Umland der Metropolen. Und die ebbt offensichtlich nicht ab - im Gegenteil: Im Januar 2024 lagen die Verluste der Kirchen in München sogar um 20% über dem Jahresdurchschnitt 2023.

München. Der Anteil der bayerischen Schüler(innen), die am Religionsunterricht teilnehmen, ist binnen fünf Jahren von 74 auf 65 Prozent zurückgegengen. Den Ethikunterricht besuchen nun 31 statt 23 Prozent. Die Augsburger Allgemeine titelte daraufhin "Ist Religionsunterricht noch zeitgemäß?". Den Leserbrief eines früheren Ethiklehrers wollte sie aber nicht abdrucken: "Der Religionsunterricht vermittelt religiös begründete Werte, die naturgemäß nur für die Anhänger der jeweiligen Religion verbindlich sein können. Der Ethikunterricht vermittelt hingegen allgemein verbindliche Werte wie die Allgemeinen Menschenrechte oder die Grundrechtsartikel des Grundgesetzes. Daher ist ein Ethikunterricht für alle zeitgemäß. Wer zusätzlich eine religiöse Unterweisung wünscht, mag diese in einem freiwilligen Religionsunterricht erhalten."

Weitere Meldungen sind der Internationalen Rundschau der Zeitschrift MIZ im Anhang zu entnehmen. Auf unserer Website ist auch die gekürzte Fassung der MIZ-Ausgabe 3/23 einsehbar.

Freundlichen Gruß
Gerhard Rampp


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Rundmail 2023-11

Liebe Mitglieder und am bfg Interessierte,

zunächst sei nochmals erinnert an die Verleihung des Ludwig-Feuerbach-Preises an Dr. Gerhard Czermak, die diesen Donnerstag, den 9. November, im Veranstaltungsraum der Stadtbibliothek, Ernst-Reuter-Platz 1, ab 18 Uhr stattfindet. Der Veranstaltungsort liegt zwischen dem Königsplatz und dem Staatstheater, also mitten im Stadtzentrum. Ludwig Feuerbach war bekanntlich der wichtigste bayerische Philosoph und ein Begründer des säkularen Humanismus.

Am
Mittwoch, dem 15.11., findet ab 15 Uhr der bfg-Gesprächskreis statt. Das Thema: "Die unterschätzte Rolle der Frauen in Wissenschaft und Kultur zwischen 1500 und 1900".

Die bayerische Landtagswahl brachte aus Sicht des Bundes für Geistesfreiheit Licht und Schatten. Erfreulich ist, dass zwei unserer Mitglieder den Sprung in den Landtag geschafft haben, nämlich Cemal Bozoglu (Grüne) und Anna Rasehorn (SPD). Herzliche Gratulation ! Weniger erfreulich ist hingegen, dass sich im Wahlkampf keine der relevanten Parteien auch nur andeutungsweise für die Trennung von Staat und Kirche sowie für den weltanschaulich neutralen Staat ausgesprochen hat. Nachdem die CSU ihren Anteil unter den Konfessionsfreien von 19 auf 26 Prozent steigern konnte, obwohl sie die Anbringung eines Kreuzes in allen staatlichen Gebäuden angeordnet hatte, bleibt nur eine Erklärung übrig: Diese Wählergruppe hatte den Eindruck, dass hier sowieso alle die gleiche Einstellung hätten und es mithin egal ist, wen man hier wählt. So erklärt sich auch, warum überdurchschnittlich viele Konfessionsfreie keine der Landtagsparteien wählte.

Inzwischen kam das nächste weltanschaulich besetzte Thema in die Schlagzeilen: Die sogenannte „Reerdigung“ soll es im Freistaat Bayern nicht geben. Bei einer Reerdigung wird der Leichnam in eine Art geschlossenen Kokon gelegt und innerhalb von 40 Tagen zu Humus umgewandelt, der dann auf einem Friedhof beigesetzt wird. Laut den Anbietern dieser Art von Bestattung sei dies gut für die Umwelt. Das bayerische Gesundheitsministerium meint hingegen, dass die ökologischen Aspekte einer Reerdigung „allenfalls von untergeordneter Bedeutung“ seien. Laut einem Schreiben des bayerischen Gesundheitsministers Holetschek (CSU) sei diese alternative Bestattungsform „eine Verletzung der Würde des Verstorbenen“. Sie entspreche „nicht dem sittlichen Empfinden der Allgemeinheit“. In Sachsen-Anhalt gibt es dagegen Bestrebungen, diese Bestattungsform zuzulassen. Bei einer Anhörung im Landtag sprach sich die Mehrheit der Experten für eine entsprechende gesetzliche Regelung aus. Das dortige Katholische Büro zeigte sich daraufhin bestürzt. (Der Spiegel, 28.10.23)

Mit diesem Thema wollen wir uns im bfg-Gesprächskreis am 6. Dezember näher befassen.

Gerhard Rampp


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Rundmail 2023-10

Liebe Mitglieder und am Bund für Geistesfreiheit Interessierte,

am
Donnerstag, dem 9. November, um 18 Uhr wird im Veranstaltungssaal der Stadtbibliothek (am Ernst-Reuther-Platz) der Ludwig-Feuerbach-Preis an Dr. Gerhard Czermak verliehen. Der Preisträger hat mit seinen zahlreichen Abhandlungen und Büchern zum Religionsverfassungsrecht wesentliche Voraussetzungen für die Säkularisierung der deutschen Gesetzgebung im Staatskirchenrecht geschaffen. Laudator ist der durch zahlreiche Fernsehauftritte bekannte Philosoph Dr. Michael Schmidt-Salomon, der auch Vorstand der Giordano Bruno Stiftung ist.

Diesen Termin bitte ich vorzumerken, es ist die wichtigste Veranstaltung des bfg Augsburg in diesem Jahr. Im Anschluss wird es ein Büfett mit Sektempfang geben, das aus organisatorischen Gründen im bfg-Zentrum stattfinden wird.

Beim nächsten Nachmittagstreffen am
Mittwoch, dem 18. Oktober, um 15 Uhr im bfg-Zentrum geht es um die neue Lage beim Thema "Sterbehilfe". Bekanntlich hat der Bundestag beschlossen, kein Gesetz zur Regelung des assistierten Suizids zu beschließen. Das bedeutet, dass die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts uneingeschränkt gelten. Da der Bund für Geistesfreiheit eine offiziell anerkannte Körperschaft des öffentlichen Rechts ist und das Selbstbestimmungsrecht in der letzten Lebensphase Teil seiner humanistischen Weltanschauung ist, haben bfg-Mitglieder hier ohnehin eine besonders geschützte Rechtsstellung, die auch besondere Möglichkeiten bei der straffreien Beihilfe zum Freitod beinhaltet.

Weitere Meldung:

Das Ergebnis der
Landtagswahl in Bayern wurde zum Teil von der Konfessionszugehörigkeit bestimmt. Die CSU (37 %) wurde von Katholischen zu 42 und von Evangelischen zu 38 Prozent gewählt, während sie "nur" von 26 Prozent der Konfessionsfreien die Stimme erhielt - was aber deutlich mehr war als die 19 Prozent vor fünf Jahren. Auch Freie Wähler (15,8 %) wurden von Kirchenmitgliedern (18 %) häufiger gewählt als von Konfessionsfreien (13 %). Bei den Grünen (14,4 %) machten 10 Prozent der Katholischen und 17 Prozent der Evangelischen ihr Kreuz, aber immerhin 21 Prozent der Konfessionsfreien. Bei SPD (8,4 %) und FDP (3,0 %) wichen die Anteile der Konfessionsfreien mit 9 bzw. 4 Prozent kaum vom Durchschnitt ab. Die AfD (14,6 %) erhielt von Angehörigen der beiden Kirchen wie auch von Konfessionsfreien nur knapp unterdurchschnittliche Zustimmung, dafür aber von Orthodoxen und Anhängern der (meist russlanddeutschen) Freikirchen besonders viele Stimmen. Gerade die bereits ansässigen Migranten wehren sich besonders heftig gegen einen weiteren Zuzug von Ausländern, der ihre Arbeitsplätze gefährden würde. (Forschungsgruppe Wahlen, 9.10.23)
Konfessionsfreie blieben leider überdurchschnittlich häufig der Wahl fern oder wählten Splitterparteien, sodass sich der auf 42 Prozent angewachsene Anteil der weder Katholischen noch Evangelischen (2018 nur 34 %) kaum auswirkte. Die Ursache dürfte sein, dass sich im Wahlkampf keine der drei Ampel-Parteien erkennbar für eine klare Trennung von Staat und Kirche aussprach bzw. dies im Wahlkampf überhaupt thematisierte. Dabei hätte es genug Gründe gegeben, z.B. Söders Anordnung von 2018 zur Anbringung von Kreuzen im Eingangsbereich staatlicher Gebäude oder das riesige Ausmaß an staatlichen Subventionen für die Kirchen: So existieren z.B. sechs der elf katholischen Fakultäten Deutschlands an bayerischen Universitäten - zusätzlich zur katholischen Uni in Eichstätt. Sie könnten leicht zu einem einzigen Ausbildungsort zusammengelegt werden, was immense Kosten sparen würde.
Somit haben alle drei Ampel-Parteien wohl rund einen Prozentpunkt ihres Ergebnisses verschenkt, was allerdings diesmal das Gesamtergebnis nicht nennenswert verändert hätte. Mal sehen, ob sie bis 2028 hinzulernen ...

Gerhard Rampp
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Rundmail 2023-07

Liebe Mitglieder und am Bund für Geistesfreiheit Interessierte,

u.a. aufgrund eines längeren Krankenhausaufenthalts konnte die letzte Rundmail nicht erscheinen, aber jetzt geht es mit neuem Schwung weiter.

Gleich am
Samstag, dem 22. Juli, können wir um 18 Uhr im Reichlesaal (116) des Zeughauses den Präsidenten der DGHS, Prof. Robert Roßbruch, begrüßen, der sich persönlich besonders stark für jenes berühmte Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020 zu Sterbehilfe und Freitod eingesetzt hatte. Das Thema des Vortrags:

               
Aktuelles zur Freitodhilfe in Deutschland

Bekanntlich ist der Bund für Geistesfreiheit Augsburg der DGHS von Anfang an eng verbunden: 1980 gründeten 17 Mitglieder des Bundes für Geistesfreiheit die DGHS, die auch ihren Sitz bis Ende 2011 in Augsburg hatte, ehe sie nach Berlin zog. Überdies hatte auch der bfg Augsburg 2016 eine der insgesamt elf Verfassungsbeschwerden zu dem Sterbehilfe-Urteil eingereicht.

Bei dieser Gelegenheit sei auch daran erinnert, dass der bfg Augsburg
jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat einen Tee-/Kaffee-Nachmittag im bfg-Zentrum durchführt, zu dem es auch ein bestimmtes Gesprächsthema gibt. (Das nächste Treffen findet also am 19. Juli statt, im August ist Sommerpause, am 6. September geht es um Hermann Hesse und sein Weltbild.)

Für Menschen, die nachmittags keine Zeit haben, findet
jeden 2. Donnerstag im Monat im Pho 3 (schräg gegenüber dem bfg-Zentrum) ab 19.30 Uhr unser Stammtisch statt, auch am 13. Juli und am 10. August.

Weitere Nachrichten:

Nachdem nun auch die katholische Kirche ihre Daten veröffentlicht hat, lässt sich das Ausmaß der weltanschaulichen Veränderung im Jahr 2022 in unserem Land ermessen.

Zusammen mit der evangelischen Kirche beträgt der Jahresverlust fast 1,3 Millionen Mitglieder, darunter 900.000 durch Austritte und 400.000 infolge der Überalterung der Kirchenmitgliederschaft. (Auf zwei verstorbene Kirchenmitglieder kommt nur ein getaufter Säugling.) Der bundesweite Bevölkerungsanteil von Katholiken plus Protestanten ist 2022 von 49,7 auf 47,5 Prozent gesunken. Besonders hoch ist der Schwund wiederum in Bayern, wo 2022 über 150.000 Katholiken und fast 50.000 Protestanten austraten und der Anteil der Anderen inzwischen auf über 41 Prozent gestiegen ist, darunter 37 Prozent Konfessionsfreie. In München ging der Anteil der beiden Kirchen binnen zweier Jahre (2021 und 2022) um ein Neuntel zurück (von 39,5 auf 35,2%), in Augsburg um ein Elftel (von 50,9 auf 46,3%). Im ersten Halbjahr 2023 sank dieser Anteil in Augsburg um weitere 1,1 auf 45,2%.
Geradezu grotesk ist hingegen die Finanzentwicklung: Wegen der Vollbeschäftigung nahmen die Einnahmen aus Kirchensteuern und Kirchgeld von 12,0 Milliarden (2020) über 12,7 (2021) auf 13,1 Milliarden Euro (2022) sogar zu!
Die Hauptversammlung, bei der nur die ordentlichen Mitglieder stimmberechtigt waren, bestätigte im Wesentlichen den bisherigen Vorstand. Erster Vorsitzender blieb Gerhard Rampp, Stellvertreter blieb Walter Guggemos, der auch kommissarisch das Amt des Schatzmeisters weiterführt. Andreas Wagner (Schriftführer), Angelika Michalke, Heidi Jovanovic, Karl Geller und Stefan Keßler blieben Beisitzer, Ingeborg Seibold kam neu hinzu.

Gerhard Rampp
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Rundmail 2023-02

Liebe Mitglieder und am bfg Interessierte,

in Deutschland gibt es bisher etwa 40 Demokratische Schulen, in denen SchülerInnen ein weitgehendes Selbstbestimmungsrecht haben, sich aber auch an feste Regeln halten müssen. Keine einzige davon ist allerdings in Bayern - bisher. Nun soll im Herbst im Landkreis Augsburg die erste eröffnet werden. Sie wurde und wird auch vom Bund für Geistesfreiheit Augsburg unterstützt, u.a. weil sie kein Pflichtfach "Religionslehre" hat, sondern dies der freien Wahl der Jugendlichen überlässt. Zwei jüngst veröffentlichte Zeitungsartikel führten zu einem bemerkenswerten öffentlichen Interesse an dem Schulprojekt; der eine befindet sich unten im Anhang.

Am kommenden Sonntag, dem 12. Februar, wird diese Schule im Rahmen unseres Freigeistigen Frühstücks im bfg-Zentrum an der Haunstetter Straße 112 vorgestellt. Beginn des Frühstücks ist um 10 Uhr, die Vorstellung beginnt um 11 Uhr.

Auf einen weiteren Termin ist ebenfalls hinzuweisen: Am 1. März spricht Mina Ahadi im Augsburger Zeughaus nochmals über die Lage der Frauen und der Menschenrechtsaktivisten im Iran.

Weitere Meldungen bzw. die Internationale Rundschau der Zeitschrift MIZ, Ausgaben 3/22 und 4/22, finden sich im Anhang. Die elektronische Ausgaben der MIZ sind in unserer Homepage www.bfg-augsburg.org nachzulesen.

Gerhard Rampp
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Rundmail 2022-06

Liebe Mitglieder und am bfg Interessierte,

1. Laut einer repräsentativen Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mit über 4000 Befragten im Alter von 18 bis 74 Jahren sprechen sich 72 Prozent der Erwachsenen für einen gemeinsamen Ethik-Unterricht für alle Schüler aus. Wer zusätzlichen Religionsunterricht will, soll diesen in einem Wahlfach erhalten. Dieser Vorschlag erhielt in allen Bundesländern eine deutliche Mehrheit, interessanterweise sogar in der Gruppe der Katholiken und Protestanten. Dieses Ergebnis ist u.a. eine schallende Ohrfeige für die bayerische und württembergische Kultusbürokratie, die der Ansicht sind, muslimischen Schülern würden die Allgemeinen Menschenrechte am besten in einem eigenen Islamunterricht vermittelt.
Nunmehr liegt es an jenen Parteien, die für einen weltanschaulich neutralen Staat eintreten, einen so populären Vorschlag auch in den nächsten Landtagswahlkampf einzubringen. Vielleicht sind da auch die folgenden Erfahrungen aus der NRW-Landtagswahl hilfreich ...

2. Warum hat ausgerechnet die christliche Partei in Nordrhein-Westfalen hinzugewonnen, wo doch die beiden großen Kirchen seit der letzten Landtagswahl eine Million Mitglieder verloren haben? Und warum haben ausgerechnet Konfessionsfreie besonders häufig auf ihr Wahlrecht verzichtet und überdurchschnittlich stark zum Rückgang der Wahlbeteiligung von 65 auf 55 Prozent beigetragen?

Zum Vergleich: Noch bei der Bundestagswahl 2021 hatten CDU und CSU bei Konfessionslosen nur 15 Prozent erreicht und damit fast zehn Punkte unter ihrem Gesamtresultat gelegen. Aber im Gegensatz zum erzkatholischen Amtsvorgänger Laschet hat CDU-Chef Wüst in NRW weltanschauliche Themen so weit wie möglich ausgeklammert und sich damit im Erscheinungsbild des nichtchristlichen oder religiös "unmusikalischen" Teils der Wähler fast schon religionsneutral präsentiert. Genau in dieser Gruppe legte die CDU laut der Forschungsgruppe Wahlen sowie dimap/infratest um genau 12 Punkte auf 33,9 Prozent zu. Da die Partei insgesamt aber nur um 2,8 auf 35,7 Prozent zunahm, heißt dies: Ohne diesen Zuwachs hätte sie sogar geringfügig abgenommen.

Dafür sind aber auch die anderen Parteien mitverantwortlich, die es versäumten ihr säkulares Profil zu schärfen. Weltanschauliche Themen hätte es in NRW genug gegeben. Dort gibt es z.B. noch immer staatliche Bekenntnisschulen, die die Aufnahme nichtkatholischer Schüler oder Lehrer ablehnen können. Selbst in Bayern wurde diese staatsklerikale Schulform schon vor über einem halben Jahrhundert durch einen Volksentscheid abgeschafft. In NRW war dies kaum ein Thema, ebensowenig wie "Ethik als Pflichtfach für alle". Da die CDU-Konkurrenten aber weitgehend schliefen und weltanschauliche Themen vernachlässigten, musste bei vielen nichtreligiösen Menschen der Eindruck entstehen, dass es zwischen den größeren Parteien kaum Unterschiede in der weltanschaulichen Einstellung gibt. Wen wundert es da, dass viele Nichtreligiöse auf ihre Stimmabgabe verzichteten oder in ihrer Frustration aussichtslose Kleinparteien wählten?

Gewiss, es gab Parteien, die unter den Konfessionsfreien besser abschnitten als insgesamt. Die Grünen lagen hier um einen Prozentpunkt über ihrem Gesamtergebnis, die FDP um 0,3 Punkte. Aber in der Vergangenheit hatten beide in dieser Wählergruppe wesentlich bessere Ergebnisse erzielt, diesmal verschenkten sie ein beträchtliches Stimmenpotential. Werden sie das in Bayern nächstes Jahr auch tun?

Gerhard Rampp
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Rundmail 2021-04
28. April 2021
Liebe Mitglieder und Freunde des bfg Augsburg,
in den vergangenen Wochen konnten leider keine bfg-Veranstaltungen stattfinden, weder das Freigeistige Frühstück noch die Mittwochs-Kaffeenachmittage, und sogar die geplanten Rundwanderungen im Freien mussten entfallen. Nur die individuellen Beratungstermine am Dienstag im bfg-Zentrum (ab 18 Uhr oder nach Vereinbarung) finden statt.

Ansonsten könnte die Entwicklung im weltanschaulichen Bereich für uns kaum besser laufen - vielleicht mit einer Ausnahme: Die Gegner des Selbstbestimmungsrechts in der letzten Lebensphase wollen sich mit der eindeutigen und einstimmigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 zum assistierten Suizid offenbar nicht abfinden und ihn über die Hintertür wieder strafbar machen. Dafür plädieren neben den CSU/CDU-Abgeordneten Pilsinger und Heveling auch der kirchenpolitische Sprecher der SPD, Castelucci, und die frühere religionspolitische Sprecherin Kappert-Gonther (Die Grünen). Ihre Chancen sind allerdings äußerst gering, denn die bisherigen Vorschläge sind in zentralen Punkten verfassungswidrig, sodass wohl eher getestet werden soll, ob das höchste Gericht seine Rechtsprechung eventuell korrigiert. Dies aber ist unwahrscheinlich, denn sechs der acht Verfassungsrichter(innen), die das Urteil gefällt haben, sind noch im Amt.

Dafür ist die Lage der Kirchen so prekär wie nie zuvor. Das Ansehen der katholischen Kirche hat laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov in den letzten Monaten in Deutschland stark gelitten. 82 Prozent der Befragten erklärten, die Kirche habe an Glaubwürdigkeit verloren. Rund 28 Prozent der Kirchenmitglieder beider (!) großen Konfessionen ziehen derzeit in Betracht, die Kirche zu verlassen. Als Hauptgrund hierfür nannten die Befragten neben dem Missbrauchsskandal am häufigsten die nicht mit der eigenen Haltung übereinstimmenden kirchlichen Moral- und Gesellschaftsvorstellungen. Nur für ein knappes Viertel der Mitglieder gibt es keine Gründe für einen derzeitigen Kirchenaustritt. (YouGov, 24.3.21; Evangelischer Pressedienst, 26.3.21) Zum Vergleich: Tatsächlich tritt rund ein Prozent der Kirchenmitglieder pro Jahr aus. Wenn sich diese Quote auch nur verdoppelt, sind die Kirchen in zwei Jahrzehnten nur mehr größere Sekten. Einen Vorgeschmack liefern brandaktuelle Zahlen aus München.
Trotz der Behinderung der Kirchenaustrittsmöglichkeit durch die neuerdings erzwungene Voranmeldung beim Standesamt nimmt der Schwund der Kirchenmitglieder weiter Fahrt auf. In München sank die Einwohnerzahl im ersten Quartal 2021 um exakt 1002 Personen. Die beiden Kirchen verloren hingegen fast 7000 Schäfchen, sodass ihr Anteil in der Landeshauptstadt in nur drei Monaten von 39,5 auf 39,1 Prozent sank. Bei gleichem Tempo würden sie bereits Ende 2026 auf unter 30 Prozent schrumpfen, nachdem sie erst Mitte 2020 die 40 Prozent unterschritten. Selbst bei einem Abflauen des Trends würde sich dieser Zeitpunkt um höchstens ein Jahr hinauszögern.

Im Januar teilte der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz ganz offiziell mit: „Die Zeit der Volkskirche ist vorbei. Diese Sozialstruktur, in der Kirche-Sein, in der religiöse Sozialisation irgendwie in einem Automatismus verlief, ist vorbei, und sie wird nicht wieder kommen“. Seine Einschätzung hat auch interne Gründe, die der langjährige Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Jesuitenpater Hans Langendörfer, just am gleichen Tag ganz offen formulierte: „Misstrauen und Argwohn prägen den [innerkirchlichen] Umgang miteinander, leider auch Bereitschaft zur Intrige. Ich habe solche Spannungen nachhaltig erlebt und neige inzwischen dazu, sie als unüberwindbar einzuschätzen.“ Die Zukunft der Kirche beurteilte er pessimistisch: „Ich erkenne keinen Masterplan und würde mich hüten, wohlfeile Konzepte zu verkünden. Es ist alles zu komplex.“ (Mitteilung des Bistums Limburg, 21.1.21; Christ in der Gegenwart, 21.1.21)
Hinzu kommen die Unfähigkeit zu Reformen und ein unerschütterliches Beharrungsvermögen. Zu dieser Einschätzung kamen auch die beiden Initiatorinnen und Mitgründerinnen der Kirchenreformbewegung "Maria 2.0", Elisabeth Kötter und Andrea Voß-Frick aus Münster. Sie erklärten ihren Austritt aus "der öffentlich-rechtlichen Institution römisch-katholische Kirche" ohne deshalb ihren Glauben aufzugeben. Dies sei die Konsequenz aus der Einsicht, es sei "unmöglich, die Hierarchien und Machtstrukturen in der katholischen Kirche zu ändern". Auch aus der Kölner Gruppe von "Maria 2.0" wurden Kirchenaustritte bekannt, wie das ZDF dokumentierte. (Evangelischer Pressedienst, 30.3.21; Heinrichsblatt der Diözese Bamberg, 4.4.21)
Papst und Vatikan-Behörden bestätigten diese Einsicht prompt: Die vatikanische Glaubenskongregation stellte fest, dass "Paaren aus Personen des gleichen Geschlechts" kein katholischer Segen erteilt werden kann. Eine Segnung homosexueller Paare sei daher „unerlaubt". Der Papst „gab sein ausdrückliches Einverständnis" zur Veröffentlichung dieses Dokuments. Radio Vatikan sei im Wortlaut zitiert: Dies betrifft die Wahrheit und den Wert der Segnungen. Diese sind „Sakramentalien", liturgische Handlungen der Kirche, und erfordern, dass das, was gesegnet wird, „objektiv darauf hingeordnet ist, die Gnade zu empfangen und auszudrücken, und zwar im Dienst der Pläne Gottes, die in die Schöpfung eingeschrieben sind“. Beziehungen, auch dauerhafte, die „eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließen" - also außerhalb der „unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die an sich für die Lebensweitergabe offen ist“ - entsprechen nicht diesen „Plänen Gottes". Diese Überlegung betrifft nicht nur homosexuelle Paare, sondern alle Vereinigungen, die die Ausübung der Sexualität außerhalb der Ehe beinhalten. (Vatican News, 15.3.21; Süddeutsche Zeitung, 23.3.21) Diese Formulierungen machen unmissverständlich deutlich, dass sich an dieser Position auch in Zukunft gar nichts mehr ändern kann, denn diese Organisation setzt ja (nach eigenem Verständnis) nur die Pläne Gottes um, die sie offenbar als einzige ganz genau kennt. Daran ändert auch die Distanzierung mancher Kleriker außerhalb des Vatikan nichts, denn die Entscheidungen des Heiligen Stuhls sind unumstößlich und innerhalb der katholischen Kirche verbindlich.

Das alles heißt aber nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen können. Auch wenn inzwischen sogar die obersten Kirchenrepräsentanten eingesehen haben, dass der unaufhaltsame Schwund der Kirchen langfristig zu sektenähnlichen Größenordnungen (und wohl auch Strukturen) führen wird, ist der Einfluss der Kirchen noch lange nicht gebrochen. Ihre Vertreter besetzen in weit überproportionalem Verhältnis einflussreiche gesellschaftliche Spitzenpositionen. Sie sorgen damit auf weit unauffälligere Weise als früher für eine Zementierung kirchlicher Macht. Lesenswert ist dazu das Buch "Kirchenrepublik Deutschland" von Dr. Carsten Frerk.
Im Anhang sind noch die Internationale Freigeistige Rundschau 4/20 sowie die elektronische Ausgabe der Zeitschrift MIZ 3/20 nachzulesen.

Gerhard Rampp
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Rundmail 2020-08
2020-08-12
Liebe Mitglieder und Interessierte des Bundes für Geistesfreiheit Augsburg,

im Ferienmonat August ist gemeinhin wenig los, in Corona-Zeiten noch weniger. Am kommenden Samstag, dem 15.8., treffen sich die Wanderfreudigen im bfg Augsburg zu einer Rundwanderung von Hergertswiesen über die Keltenschanze nach Burgadelzhausen und (über einen anderen Weg) zurück. Mitfahrmöglichkeiten gibt es ab 9.30 Uhr vom bfg-Zentrum (Haunstetter Str. 112) ab, ansonsten ist der Treffpunkt 10 Uhr nahe der Landhausbrauerei-Gaststätte Hergertswiesen, in der wir nach der Wanderung auch einkehren. Am Samstag ist dort auch das Landwirtschaftsmuseum geöffnet.
Ansonsten wurde am 8.8. (am Friedensfest, das in Augsburg-Stadt offizieller Feiertag ist) wieder der Friedenspreis der Stadt verliehen - an zwei kirchliche Würdenträger. Bisher nicht erschienen ist mein Leserbrief hierzu: "Ein von der Stadt Augsburg verliehener Friedenspreis ist grundsätzlich sinnvoll. Nun ist aber das Augsburger Friedensfest ein religiöser Feiertag, bei dem sich die Kommune wegen ihrer grundgesetzlichen Neutralitätspflicht herauszuhalten hat. Darüber konnte die Stadt 1985 bei der ersten Friedenspreis-Verleihung noch hinwegsehen, denn sechs von sieben Einwohnern waren damals noch katholisch oder evangelisch. Heute ist es aber nur noch die Hälfte, und auch davon ist ein Drittel kirchen- und religionsfern. Da muss sich die Kommune schon überlegen, ob sie künftig weiterhin einseitig Partei ergreifen will für eine religiöse Minderheit."  Sinnvoll wäre ein künftig von der Stadt ausgeschriebener Menschenrechtspreis (denn ohne Beachtung der Menschenrechte gibt es auch keinen Frieden), während der religiöse Friedenspreis alleinige Angelegenheit der Kirche werden sollte.
Im überregionalen Bereich fällt seit einiger Zeit auf, dass sich die politischen Gewichtungen bei den Konfessionslosen verschieben. Schon die 2017 von europäischen Rundfunk- und Fernsehanstalten in Auftrag gegebene Yougov-Studie belegt, dass die junge Generation (europaweit bei Ausklammerung von Osteuropa) ein überwiegend werte-konservatives Weltbild hat, gleichzeitig aber zu 80 Prozent von Gott und Religion nichts wissen will. Ebenso stellte ein CDU-Berater schon 2015 fest, dass immer mehr C-Wähler nichtreligiös sind. Nun kam eine überraschende Meldung aus der Schweiz, die ausgerechnet von Radio Vatikan verbreitet wurde:

"Das C im Namen der Christlichen Volkspartei (CVP) ist laut einem Bericht der SonntagsZeitung Schweiz für eine überwältigende Mehrheit der Parteimitglieder die unattraktivste aller Namensoptionen. In einer partieinternen Umfrage votierten 79 Prozent der Befragten gegen „einen Namen, der Bezug auf christliche Werte nimmt“, also CVP. „Die Art, wie die CVP und ihr Name wahrgenommen werden, ist ein Nachteil für uns“, sagte CVP-Präsident Pfister. „Die Studie bestätigt meine Vermutung aus dem Wahlkampf. Damals sagten mir viele Leute, dass sie Ziele und Werte der CVP teilen würden, sie uns aber nicht wählen könnten, weil wir zu religiös, zu katholisch seien.“ Dass der Vorbehalt gegen das C so groß sei und fast 80 Prozent vom C abgeschreckt würden, habe ihn überrascht. Es zeige sich, „dass hier etwas geschehen muss“, so der Parteipräsident. Die Parteiverantwortlichen würden in den nächsten Wochen zusammen mit den kantonalen Parteien und den Parteigremien eine Strategie für eine Öffnung der CVP ausarbeiten. Gemäß Pfister umfasse diese „viele Elemente, darunter auch einen Wechsel zu einem neuen Namen“. In der Partei würden zuvor verschiedene Namensvarianten analysiert. Diese Strategie werde den Delegierten voraussichtlich im November vorgelegt. (SonntagsZeitung Schweiz, 28.6.20; kath.ch, 29.6.20)"
Eine völlig gegensätzliche Entwicklung deutet sich hingegen in einem Teil des linken Spektrums an, wie eine Analyse des säkularen Alibri-Verlags zeigt: "In der Linken geht derzeit das Verständnis dafür verloren, welchen Wert Religionskritik als Auslöser gesellschaftlicher Veränderungen hat. Mit diesem Fazit blickt Gunnar Schedel auf 25 Jahre Alibri Verlag zurück. Ein wesentlicher Teil des Verlagsprogramms befasst sich kritisch mit Religion, Esoterik und autoritären Ideologien sowie deren Auswirkung auf die Gesellschaft. „Als wir angefangen haben, war in der Linken die vorherrschende Meinung, dass ein laizistisches Gesellschaftsmodell im Sinne der Gleichheit Fortschritt bedeuten kann“, meint der Verleger. „Heute hat sich der Diskurs verschoben, bedeutende Teile der Linken haben nicht mehr die konkreten Lebensverhältnisse von Individuen und deren Verbesserung im Auge, sondern sind auf vermeintliche kollektive Identitäten fixiert.“ Religion werde dann nicht mehr als Ideologie sondern als Identitätsmerkmal wahrgenommen. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sieht Schedel eingewanderte Säkularist*innen. Ihnen werde von einem Teil der Linken jegliche Solidarität verwehrt, sofern sie auch in Deutschland an einer religionskritischen und laizistischen Position festhalten." Soweit der Alibri-Verlag, in dem auch die Zeitschrift MIZ herausgegeben wird. Im Anhang sind diesmal die MIZ-Ausgabe 1/20 (elektronisch) und die Internationale Rundschau der Ausgabe 2/20 als word-Datei beigefügt.

Gerhard Rampp
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Rundmail 2021-01

Liebe Mitglieder und Freunde des bfg,

allen unseren Leserinnen und Lesern wünschen wir ein Jahr 2021, das zumindest besser verläuft als das Corona-Jahr 2020. Wie fast überall ist auch beim bfg Augsburg das Gemeinschaftsleben fast zum Erliegen gekommen. Nur die individuelle Beratung zum Thema "Vorsorge für ein humanes Lebensende" findet im bfg-Zentrum statt (jeden Dienstag 18 bis 19.30 Uhr sowie nach Vereinbarung). Dennoch gibt es Neuigkeiten; die meisten sind der Internationalen Freigeistigen Rundschau 3/20 sowie der elektronischen Ausgaben der MIZ 2/20 zu entnehmen, die beide im Anhang nachzulesen sind.

Die Säkularisierung der Gesellschaft schreitet trotz Corona voran. Die Statistik-Monatsübersicht von München-Stadt zeigt, dass auch 2020 (nach einem kurzen Einbruch zwischen März und Mai infolge reduzierter Öffnungszeiten) der Mitgliederschwund der Kirchen anhält: In den ersten elf Monaten 2020 schrumpfte ihr Anteil an der Bevölkerung in München von 40,7 auf 39,6 Prozent, in Augsburg von 51,9 auf 50,7. Das deutet im Großstadtbereich auf eine Halbierung binnen 20 Jahren hin. Einzig die CSU scheint diesen Trend begriffen zu haben: Anfang November sprach sie sich in einem Leitantrag ihres Parteitags ausdrücklich für die Werte von Aufklärung und Humanismus aus, was vor 20 Jahren noch unvorstellbar war. Allerdings klaffen bei ihr derzeit Theorie und Praxis noch weit auseinander. (Die Mitgliederzahl des bfg Augsburg nahm übrigens seit Jahresbeginn einschließlich der beitragsfreien Solidaritätsmitglieder um 72 zu.)

2020 wird als das Jahr eingehen, in dem das höchste deutsche Gericht erstmals den Alleinvertretungsanspruch der Kirchen in ethisch-moralischen Fragen zurückgewiesen hat, nämlich beim Thema Sterbehilfe/Freitod. Dennoch gibt es noch viel zu tun, wie folgender Meldung zu entnehmen ist:

Berlin. Das sogenannte "House of One", ein Gebetshaus, das die drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam unter einem Dach zusammenbringen soll, wird überwiegend vom Staat finanziert. Die Kosten des Projekts belaufen sich nach Angaben der Träger auf 47,2 Millionen Euro. Davon finanziert der Bund 20 Millionen Euro. Weitere zehn Millionen sagte das Land Berlin zu. Noch 2021 soll der Grundstein gelegt werden. (Vatican News, 9.12.20)

Dies bringt in Erinnerung, dass die Kirchen vom Staat in direkter oder indirekter Form jährlich 23 Milliarden Euro an Subventionen erhalten (die Erstattungen im Sozial- und Wohlfahrtsbereich nicht gerechnet, denn das wäre ja staatliche bzw. kommunale Aufgabe), während die Kirchen den Staat im Sozial- und Wohlfahrtsbereich gerade mal um 0,7 Milliarden entlasten. Das heißt: Die Allgemeinheit finanziert die Kirchen über die allgemeinen Steuern mit einem Betrag, der im Durchschnitt das 1,5-Fache der Kirchensteuern ausmacht. Die Kirchenmitglieder zahlen zusätzlich eben diese Kirchensteuer. Das Letztere ist als Mitgliedsbeitrag grundsätzlich nicht zu beanstanden, aber die staatliche Subventionierung ist abzubauen.

Nicht so erfreulich war das Ergebnis einer Klage gegen die Pflicht zum Besuch eines Ersatzunterrichts statt dem Schulgottesdienst. Das Verwaltungsgericht München wies die Klage ab, ließ aber eine Berufung zu, was sehr ungewöhnlich ist und darauf hindeutet, dass sich das Gericht nicht einig war. Wir werden dranbleiben.

In Zusammenhang mit der coronabedingten Zusammenlegung von Religions- und Ethikunterricht erschien in der Süddeutschen folgender bfg-Leserbrief: "Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an religiösen Übungen gezwungen werden." So steht es in Artikel 140 des Grundgesetzes. Das gilt unstrittig auch für den Religionsunterricht - egal ob er "weltanschaulich sensibel" gestaltet wird oder nicht. Wenn Eltern (bzw. Schüler ab dem Zeitpunkt der Religionsmündigkeit, also ab 14) sich für den Ethikunterricht entschieden haben und nicht ausdrücklich der Teilnahme am Religionsunterricht zustimmen, haben sie eine Freistunde, falls der Ethikunterricht entfällt. Die jetzige Situation zeigt, dass es nur eine dauerhaft befriedigende Lösung gibt: Ethik muss Pflichtfach für alle werden, zumal die dort maßgeblichen Werte des Grundgesetzes und der allgemeinen Menschenrechte für alle verbindlich sind. Zusätzlich ist ein Wahlunterricht für jene anzubieten, die in der Glaubens- und Morallehre ihrer Religion unterwiesen werden wollen.

Schließlich sei auf die 3Sat-Mediathek hingewiesen, wo der unbedingt sehenswerte Dokumentarfilm "Verteidiger des Glaubens" noch kurze Zeit verfügbar ist. Vordergründig geht es um die Karriere des Pristers Joseph Ratzinger, aber im zweiten Teil auch um die Rolle des Vatikans bei der Vertuschung des Missbrauchsskandals, der in der Kurie spätestens seit den 80er Jahren bekannt war. Inzwischen bestraft der Heilige Stuhl zwar vereinzelt Bischöfe, die bei Missbrauch oder dessen Vertuschung mitgemacht haben, weigert sich aber bis heute, die eigenen Verfehlungen einzugestehen oder gar aufzuklären. Der Film ist jedenfalls nicht vergnüglich, aber informativ - und das sollte auch für die Anhänge gelten: Die MIZ 2/20 und die Internationale Rundschau 3/20.

Gerhard Rampp
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Rundmail 2022-02

Liebe Mitglieder und am bfg Interessierte,
angesichts der jüngsten Missbrauchs-, Vertuschungs- und Lügenskandale - siehe auch im Anhang die Kolumne "Der Unfehlbarste aller Lügner" - ist eine Reform des Staat-Kirche-Verhältnisses überfällig.

Die Kirchen dürfen keine privilegierten "Staaten im Staate" mehr sein, sondern müssen sich an die gleichen Regeln und Normen halten wie alle anderen. Wenn kirchliche Einrichtungen staatliche oder kommunale Aufgaben übernehmen (Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser, Sozialstationen u.ä.), sind staatliche Zuschüsse an die Bedingung zu knüpfen, dass die Arbeitnehmerrechte des öffentlichen Dienstes auch dort gewährt werden. Die kirchlichen Sonderrechte für Caritas und Diakonie ergeben sich übrigens nicht aus Artikel 140 des Grundgesetzes, sondern aus den Jugendhilfe- und Sozialgesetzen, die die CSU/CDU 1961 mit ihrer absoluten Mehrheit gegen den Widerstand von SPD und FDP durchgedrückt haben; diese Gesetze sind aufzuheben bzw. entsprechend zu ändern. Ferner darf der Staat nicht länger ein innerkirchliches Ritual (die Taufe) als Grund für eine Kirchensteuerpflicht anerkennen; Voraussetzung muss zusätzlich die Beitrittserklärung des religionsmündigen Betroffenen sein.

Der Grund für diese Forderungen liegt nicht nur in der Erkenntnis, dass die Kirchen auch nicht besser sind als alle anderen und schon gar nicht als "moralischer Kompass" taugen. Hinzu kommt, dass seit Oktober oder November 2021 die Mehrheit in Deutschland gar nicht mehr Kirchenmitglied ist. Die genauen bundesweiten Zahlen kommen zwar erst Mitte 2022, aber in den bisher stets repräsentativen Städten Augsburg und München liegen sie vor. In beiden Städten blieb die Einwohnerzahl 2021 nahezu gleich, aber die Zahl der Katholiken plus Protestanten ging um 6.000 bzw. 29.000 zurück, das sind jeweils rund 4 Prozent der Kirchenmitglieder. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung sank in Augsburg von 50,9 auf 49,0 und in München von 39,50 auf 37,66 Prozent. Dieser Schwund, der sich auch in kleineren Gemeinden bestätigte, übertrifft den aller bisherigen Kalenderjahre bei weitem. Umgerechnet auf ganz Deutschland wären das 1,5 Millionen, allerdings schrumpfen die Kirchen in Bayern - entgegen einem alten Vorurteil - schon seit Jahrzehnten überdurchschnittlich, sodass bundesweit wohl eher mit einem Rückgang von etwa 1,3 Millionen zu rechnen ist. (Zum Vergleich: Im bisherigen Rekordjahr 2020 nahmen die beiden Kirchen um 884.000 ab.) Voraussichtlich 2034 wird auch in Bayern die Mehrheit nicht mehr katholisch oder evangelisch sein.

Als erste Konsequenz hat der Augsburger bfg-Vorstand beschlossen, zu den diesjährigen Friedensfest-Veranstaltungen (zentrales Thema: "Zusammenhalt") eine Podiumsdiskussion mit diversen Religionsvertretern zum Thema "Zusammenhalt über weltanschauliche Grenzen hinweg" vorzuschlagen. Mal sehen, wie die Stadt reagiert. Bisher organisierte sie nur innerreligiöse Treffen, aber wie lange will sie es sich noch leisten, die größte weltanschauliche Gruppe (nämlich die nicht religiös Organisierten) auszugrenzen?

Nebenbei sei bemerkt, dass der Bund für Geistesfreiheit Augsburg im vergangenen Jahr um über hundert Mitglieder gewachsen ist, aber wir haben sicher noch Luft nach oben ...

Säkularen Gruß

Gerhard Rampp
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