Blick zurück auf das Jahr 2024 beim Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg
von Heidi Jovanovic

Jahresauftakt voller Elan

Mit einem Jahresauftakttreffen am 3. Januar begann der bfg Augsburg das Jahr voller Elan und Zuversicht, nicht ahnend dass er noch in der ersten Jahreshälfte seinen langjährigen Vorsitzenden Gerhard Rampp verlieren sollte.

Also ging es schwungvoll weiter mit regelmäßigen Treffen, Vorträgen und Diskussionen.
Jeweils am ersten und dritten Mittwochnachmittag des Monats traf man sich im Zentrum des bfg in der Haunstetter Str. 112 bei Kaffee, Tee und Gebäck. Meistens hielt dabei jemand einen Vortrag zu einem Thema, das ihn gerade beschäftigte. So sprach der Vorsitzende Gerhard Rampp beispielsweise einmal über den Begriff "Leitkultur" und was dahinter steckt, einmal über den "Gotteslästerungsparagraphen" 166 StGB und die Bemühungen des bfg, dessen Abschaffung durchzusetzen.
Am 2. Donnerstag des Monats war Stammtisch im schräg gegenüber dem bfg Zentrum in der Haunstetter Straße gelegenen vietnamesischen Restaurant Pho3, bei dem die Geselligkeit im Vordergrund stand.
Meist an Wochenenden war ca. einmal monatlich Wandertag mit dem geschulten Wanderführer Wolfgang.

Karfreitag nahmen Mitglieder des bfg Augsburg einschließlich Gerhard Rampp, der zu diesem Zeitpunkt noch wohlauf war, an einer „
Heidenspaßparty“ teil, um mit dem Veranstalter bfg München zu bekräftigen, dass seit einem von jenem erwirkten Bundesverfassungsgerichtsurteil das Tanzverbot an sogenannten „Stillen Tagen“ nicht grundsätzlich für alle - egal welchen (Un-)Glaubens – gelten darf. Sie nutzten diese Gelegenheit auch zum Anlass, um sich dabei mit Vertretern ähnlich gesinnter Organisation wie dem bfg München und dem Zentralrat der Konfessionsfreien auszutauschen.

Gerhard Rampps unermüdliches Engagement bis zu seinen letzten Tagen und Ableben am 4. Mai

Der bfg-Vorsitzende Gerhard Rampp kümmerte sich, vor allem zusammen mit seinem Kollegen Walter Guggemos nicht nur um die Vereinsgeschäfte und -aktivitäten, sondern schrieb auch unermüdlich zu gesellschaftsrelevanten Themen in der
MIZ, aber auch in Form von Leserbriefen an Tageszeitungen, hielt Vorträge und nahm an den Treffen und Stammtischen teil. Seine Zuckerkrankheit und sein trotz dieser großer Appetit auf Kuchen waren bekannt und schienen unter Kontrolle, ansonsten schien er gesund, lebenslustig und tatkräftig, hatte viele Freunde und großes Interesse am Augsburger Kulturleben.

So war er auch am Mittwoch, den 1. Mai, zum regelmäßigen Mittwochs-Treff gekommen, bei dem man ihm erstmals anmerkte, dass es ihm nicht gut ging. Nur beschwerlich schaffte er die Stufen hinauf zum Haupteingang. Er hatte weder den gewohnten Appetit auf Tee und Kuchen, noch nahm er in der gewohnt lebhaften Weise an den Diskussionen teil, bis er sich schließlich gezwungen fand, sich hinzulegen. Auf Nachfragen sagte er nur, er fühle sich schwach, bekomme schwer Atem und der Rücken tue ihm weh. Nur widerwillig akzeptierte er schließlich, nach Rücksprache in die Notaufnahme des Krankenhauses Friedberg gebracht zu werden. Von dort wurde er noch in der gleichen Nacht in die Uniklinik verlegt, wo er am Herzen operiert wurde. Am Freitag verschlechterte sich sein Gesundheitszustand dramatisch. Es kam zu multiplem Organversagen, in dessen Folge er das Bewusstsein verlor, nicht wieder erwachte und in der Samstagnacht am 4. Mai im Beisein seiner Schwester und einer langjährigen Vertrauten und Freundin verstarb.

Wir werden Gerhard vermissen - seinen unbändigen, laufend erweiterten und geschickt für die ihm und uns als bfg am Herzen liegenden Belange eingesetzten Wissensschatz, seinen scharfen Intellekt, sein sagenhaftes Gedächtnis, sein klares analytisches Denken, die Kraft und das Talent, mit denen er den bfg Augsburg geführt und säkularen Anliegen Gehör verschafft hat, aber auch, was ihn als Mensch und anregenden Gesprächspartner kennzeichnete: seine Originalität, seinen einzigartigen Humor und Schalk, seine raffinierte Ironie und Schlagfertigkeit und sein Vermögen, Denkanstöße zu liefern.

Sein Ableben traf den bfg Augsburg ebenso wie seine Freunde und Angehörigen und die humanistischen und säkularen Organisationen und Akteure, an deren Entstehen und Wirken er maßgeblich beteiligt war, unerwartet - unter ihnen insbesondere die Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), die er 1980/81 mit aufgebaut und danach 19 Jahre als Präsidiumsmitglied geleitet hatte, die Giordano Bruno Stiftung, der er als Beirat und Stifter angehörte, und der Alibri-Verlag, dessen Mitbegründer und Mitarbeiter er war sowie der Humanistische Pressedienst und die Zeitschrift MIZ, für die er vor allem die Internationale Rundschau betreute.

Skeptiker-Konferenz Skepkon im Mai in Augsburg

Während die Vorbereitungen für die Trauerfeier liefen, fand in Augsburg die
Skepkon statt - eine Veranstaltung der GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften), bei deren regelmäßigen Augsburger Stammtischen Gerhard Rampp auch ein regelmäßiger Gast war und der auch andere bfg-Mitglieder angehören. Drei Tage lang konnte man sich vom 9. bis zum 11. Mai 2024 über Wissenschaftlichkeit und Unwissenschaftlichkeit, Methoden kritischen Denkens und wissenschaftlicher Studien u.v.m. schlau machen. Auftakt war am Donnerstag das von deren Augsburger Regionalgruppe unter Leitung von Bernd Harder zusammengestellte "Skeptical". Kurzweilig und musikalisch untermalt vom Celloquartett Philip Heide mit Studenten des Augsburger Leopold Mozart College of Music wurde in der Fuggerstadt willkommen geheißen. Einige Themen hatten regionalen Bezug, wie ein Blick auf Hexen, Henker und Hungerheilige in Augsburgs mystischer Stadtgeschichte oder wurden von lokalen Akteuren präsentiert, wie Lutz Homanns kritischer Blick auf Mythen der Physiotherapie, der mit viel Praxiserfahrung gespickt war.
Am Freitag und Samstagvormittag fand dann die eigentliche, überregionale Konferenz statt. Pseudowissenschaft, esoterische und sektenähnliche Strömungen wurden unter die Lupe genommen. Mit viel Anschauungsmaterial wurde ein kritischer Blick auf die oft fragliche Beweiskraft von Bildern, die Rechtfertigung quantitativer Studien im Vergleich mit qualitativen, die Bildungsangebote von Volkshochschulen, die realen Faktoren und Folgen sozialer Ungleichheit und vieles mehr geworfen.

Abschied vom bfg-Urgestein und -Vorsitzenden Gerhard Rampp


Am Mittwoch, den 26. Juni 2024, 13.00 Uhr, fand am Augsburger Westfriedhof die unkonventionelle, säkulare Trauerfeier für den langjährigen bfg-Vorsitzenden Gerhard Rampp, gefolgt von seiner Urnenbeisetzung, statt.
Ein Video davon sowie die Redebeiträge stehen auf der
bfg-Website.

Den vier Rednern gelang es, sowohl den roten Faden aufzurollen, der sich kontinuierlich durch Gerhards Leben zog, als auch ganz unterschiedliche Aspekte davon aus ganz verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Hauptredner war der Philosoph und Sprecher der Giordano Bruno Stiftung Dr. Michael Schmidt-Salomon, der ihn treffend und witzig zu würdigen und porträtieren wusste.
Gerhards alter Freund Lothar Sellner warf einen Blick zurück bis in seine Schul- und Studienzeit. Sein Kollege im bfg-Vorsitz Walter Guggemos und der Inhaber des Alibri Verlags Gunnar Schedel sprachen vor allem über Gerhard Rampps große Bedeutung in wechselnden Funktionen innerhalb der säkulare Szene und als Referent, Autor und wichtiger Kenner der Fakten und Zusammenhänge rund um Kirchenfinanzierung und mangelhafte Umsetzung der grundgesetzlich geforderten Trennung von Staat und Kirche. Musikalisch umrahmt wurden die Redebeiträge von bfg Mitglied Gislinde Nauy und Angela Frenkel auf Querflöte und Klarinette. Sie begleiteten auch das Lied "Die Gedanken sind frei", das mit einem speziell für den Anlass etwas umgeschrieben Text als Abschluss der Feier gemeinsam gesungen erklang. Ebenso feierlich wie das Gedenken in der Trauerhalle war der folgende Gang durch den schönen Urnenhain des Westfriedhofs und der letzte Abschied am Grab. Danach saßen viele der Trauergäste bei Kaffee, Kuchen und Eis zusammen und es kam zu vielen interessanten Wiedersehen, gemeinsamen Erinnerungen und Ideen für die Fortführung von Gerhard Rampps Werk.

Schon zuvor waren zahlreiche Nachrufe auf Gerhard erschienen, beispielsweise von der Vorsitzenden des
bfg München Assunta Tamelleo

Veranstaltungen und Ereignisse in der zweiten Jahreshälfte

Gerhard hinterließ eine riesige Lücke. Gerhards Engagement und Hingabe für eine aufgeklärte Welt werden uns immer inspirieren. Seine Vision einer humanistischen Welt war kraftvoll und klar. Dies fortzuführen ist unsere Verpflichtung. In diesem Sinne arbeitete der bfg weiter, setzte die regelmäßigen Treffen fort und lud zu Veranstaltungen ein.

Regelmäßig schwärmte weiter die
Wandergruppe des bfg aus – mal rund um Augsburg, mal durch Augsburg entlang seiner Stadtmauer, mal von Landsberg aus.


Weiter traf man sich auch am jeweils ersten und dritten Mittwochnachmittag des Monats zu Vorträgen und Gesprächen bei Kaffee oder Tee und Gebäck, wobei der Beginn von ehemals 15.00 auf 16.00 Uhr verlegt wurde, um auch Berufstätigen besser eine Teilnahme zu gestatten. Themen waren u.a. ChatGPT, die Augsburger Tauschbörse LETs, der Astrophysiker Carl Sagan und Religionsfreiheit.

Am
Samstag, den 26. Oktober, lud der bfg Augsburg ins Augsburger Zeughaus zu einem Vortrag von Dr. Dr. Sebastian Schnelle mit dem Titel „Für die freiheitlich demokratische Gesellschaft - Wie Radikalismus und religiöser Fundamentalismus unsere Freiheit bedrohen“.
Die conclusio, die das Publikum aus dem Vortrag des in Physik wie in Philosophie promovierten Schnelle ziehen konnte, lautet: Auf den ersten Blick haben beide Bewegungen scheinbar nicht viel, auf den zweiten aber so einiges gemeinsam. Vor allem teilen sie die Ablehnung der Offenen Gesellschaft und der Moderne.


Am
24. November 2024 sprach der Wissenschaftsjournalist und Autor Bernd Harder im bfg Zentrum in der Haunstetter Straße 112 bei einem Sonntagsfrühstück über Exorzismus heute und hier in Deutschland.


Ableben der bfg-Beisitzenden Ingeborg Seibold am 8. Dezember

Ein weiteres trauriges Ereignis für den bfg Augsburg war der Tod der 67-jährigen Ingeborg Seibold, die bei der letzten Mitgliederversammlung im Jahr 2022 in den Beisitz gewählt worden war und seither rege an den Vorstandssitzungen und am Vereinsleben teilnahm. Sie engagierte sich vor allem bei den Veranstaltungen des bfg, indem sie sehr schöne Buffets anrichtete, half bei der Pflege der Vereinsräume und brachte zu den Mittwochstreffen außer der Hauptlieferantin für Selbstgebackenes Hilda und mehreren anderen auch oft Gebäck mit. Ihre Beisetzung fand im Familienkreis am 21. Dezember auf dem Friedhof in Ichenhausen statt.



Auf ein gutes Neues Jahr 2025!

Während sich Katholiken nun ihren Ablass holen können, wenn sie durch die von Papst Franziskus für das „Heilige Jahr 2025“ geöffnete „Heilige Pforte“ schreiten oder eine der anderen dafür vorgesehen Normen erfüllen, blickt der bfg Augsburg trotz der traurigen Ereignisse des Jahres 2024 zuversichtlich nach vorn und geht 2025 pragmatisch und ohne Firlefanz an, um mit wachem und kritischen Blick auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen weiter auf eine wirkliche Trennung von Staat und Kirche und eine gerechte, humane Gesellschaft hinzuarbeiten. Mehr denn je ist er dabei gerade nach dem Verlust seines Vorsitzenden und einer Beisitzerin auf Engagement und Mitwirken aus den Reihen seiner Mitglieder angewiesen. Daher neben herzlichem Dank an alle, die uns durch ihre Mitgliedschaft unterstützen und bestärken, auch ein Aufruf, sich nach Möglichkeit persönlich auch darüber hinaus durch Besuch unserer Treffen und Veranstaltungen, Teilnahme an unseren Diskussionen und gern auch Einbringen eigener Ideen einzubringen. Vielleicht mag danach ja auch der eine oder andere erwägen, sich selbst im Vorstand zu engagieren und zu helfen, die entstandene Lücke zu füllen. Denn es gibt viel tun. Noch immer fließen über die allgemeine Steuer auch aus den Taschen von Nichtkirchenmitgliedern immense Geldsummen als Staatsleistungen, Bischofsgehälter und in Form von Vergünstigungen an die Kirchen, so dass es mit dem die Kirchensteuer sparenden Kirchenaustritt allein nicht getan ist, wenn man an dieser Situation etwas ändern will. Und noch immer gibt es Gesetze, die angesichts einer säkularer gewordenen Gesellschaft nicht mehr zeitgemäß sind, da sie von überkommenen patriarchalen, kirchlich geprägten Vorstellungen bestimmt sind. Beispiele sind der "Gotteslästerungsparagraph" 166 StGB und die Kriminalisierung von Abtreibung. Der bfg Augsburg war einer der Kläger gegen den § 217 StGB und erreichte mit den anderen Klägern, dass das BVerfG den § 217 für verfassungswidrig erklärte und damit die Basis für ein Grundrecht auf Suizid gesetzt hat. Doch schon wieder versuchen ihn kirchennahe Parlamentarier in veränderter Form wieder einzuführen. Es gilt also - ebenso wie die Kirchen es mit ihren Interessen tun - auch säkulare Interessen in der Politik voranzubringen. So leistet beispielsweise der Zentralrat der Konfessionsfreien
Zentralrat der Konfessionsfreien säkulare Lobbyarbeit.
Der bfg Augsburg ist sein Mitglied und unterstützt damit diese Arbeit, ebenso wie die weiterer säkularer Organisationen wie dem Zentralrat der Exmuslime, der
Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben, des IBKA, der Giordano Bruno Stiftung, dem humanistischen Pressedienst, der unabhängige Pressearbeit mit säkularem Schwerpunkt leistet - auch das eine wichtige Aufgabe. Also lasst uns gemeinsam auf eine gerechte, moderne, offene und humane Gesellschaft hinarbeiten. Und lasst uns dabei auch Freude am einander befruchtenden Gespräch, an der Entwicklung neuer Ideen, gemeinsam erlebter Kultur und Geselligkeit nicht zu kurz kommen und Verbundenheit und Gemeinschaft spüren!

bfg - Bund für Geistesfreiheit Augsburg
K. d. ö. R
Haunstetter Str. 112
86161 Augsburg
Kommissarischer Vorsitz: Walter Guggemos
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