Bund für Geistesfreiheit Augsburg
Seit 1911 - Körperschaft des öffentlichen Rechts
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Last update: 2025-07-24

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Stellungnahme des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg K.d.ö.R. zum Kreuzurteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtshof
BayVGH Urteil vom 8. Juli 2025, Az. 7 BV 21.336

Urteil des Bayerischen VGH

Beteiligung des bfg Augsburg

Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg hat seit 2016 die Klage finanziell und organisatorisch unterstützt. Die Klägerfamilie wandte sich damals an den bfg, nicht primär wegen des Kruzifixes in der Aula, sondern aufgrund wiederholter Mobbing-Erfahrungen der Schülerinnen.
2016 nahm die Familie Kontakt zum bfg Augsburg auf, vertreten durch den damaligen ersten Vorsitzenden Gerhard Rampp (gest. 2024). Als zweiter Vorsitzender war ich ebenfalls beteiligt, wenn auch nicht in allen Details.
Die Klage bezog sich zwar auf das Kreuz, doch ihr eigentlicher Ursprung lag in einer Reihe belastender schulischer Erfahrungen, bei denen der Schutz der Kinder im Vordergrund stand. Auslöser waren unzumutbare Situationen während der schulischen Gottesdienste, mangelnde Aufsicht und zunehmend belastende Erfahrungen der Schülerinnen durch Mobbing und Ausgrenzung. Trotz Interventionen der Eltern und der Unterstützung des bfg Augsburg verschärfte sich die Lage.
Der bfg übernahm die Kosten für Rechtsbeistand und Gerichtsgebühren, um die Schülerinnen und ihre Familie zu unterstützen. Ziel der Klage war es, die Kinder vor weiteren Übergriffen und Diskriminierungen an der Schule zu schützen und eine Sensibilisierung der Schule für diese Probleme zu erreichen. Gespräche zwischen Vertretern des bfg und der Schulleitung führten leider nicht zu Verbesserungen. Erst als die Schule sich weigerte, auf die Forderung einzugehen, das Kreuz in der Aula abzuhängen, wurde der Klageweg beschritten. Beide Schülerinnen haben das Gymnasium bereits vor einigen Jahren nach erfolgreichem Abitur verlassen.

Warum wir ein Abhängen des Kruzifixes (1,50 x 50 cm mit Korpus) nach dem Urteil für richtig halten

Den Schülerinnen wurde während Ihrer Schulzeit das Abhängen des Kreuzes zu Unrecht verweigert hat. Daher wäre es unseres Erachtens eine gute menschliche Geste und auch eine Art von Entschuldigung, wenn die Schule sich nun zu einem Abhängen des Kreuzes durchringen würde. Das Urteil hat klar festgestellt, dass das groß und zentral im Eingangsbereich platzierte Kreuz das Grundrecht der Klägerin auf negative Religionsfreiheit verletzt hat.
Ein erheblicher Teil der Bevölkerung gehört heute keiner christlichen Kirche mehr an oder ordnet sich keiner Religion zu. Auch am Hallertau-Gymnasium in Wolnzach gibt es zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die keiner christlichen Religionsgemeinschaft angehören. Es ist daher davon auszugehen, dass es weiterhin Schülerinnen und Schüler gibt – und künftig geben wird –, deren Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit durch ein solches Kreuz beeinträchtigt wird.
Vor dem Hintergrund der bereits dokumentierten Diskriminierungserfahrungen sowie des sozialen Drucks, der in solchen Fällen entstehen kann, ist es für Betroffene kaum zumutbar, ihre Rechte individuell über Jahre hinweg vor Gericht durchzusetzen – wie es in diesem Fall in einem über neun Jahre dauernden Verfahren notwendig war.
Zum Schutz der Rechte aller Schülerinnen und Schüler wird sich der Bund für Geistesfreiheit auch künftig für das verfassungsrechtlich verbürgte Recht der negative Glaubensfreiheit einsetzen und ggf. auch weitere Verfahren mit ähnlichem Hintergrund sowohl organisatorisch als auch durch die Übernahme der Anwalts- und Gerichtskosten unterstützen.

Das Urteil ist auf den Fall "Gymnasium Wolnzach" bezogen. Aber ist es deswegen ein Einzelfall?

Das Kultusministerium stellt heraus, dass es sich bei dem Urteil um einen Einzelfall handelt. Aber auch ein Einzelfall kann ein Präzedenzfall sein. Wir, der bfg Augsburg, hoffen, dass Schülerinnen und Schüler, denen es ähnlich ergeht wie den beiden Klägerinnen, nun leichter zu ihrem Recht kommen.
Wir hoffen sehr, dass nicht nur das Gymnasium Wolnzach, sondern alle Schulen in Zukunft der verfassungsgemäß garantierten Religions- und Weltanschauungsfreiheit, einschließlich der negativen Religionsfreiheit, einen hohen Stellenwert beimessen und berücksichtigen, dass Art. 4 Abs. 1 GG auch für Anders- und Nichtgläubige gilt.

Anfangs ging es nicht um das Kreuz. Doch wie kam es zu der Klage?

Leider wird in vielen Berichten so dargestellt, als hätten sich die beiden Schülerinnen "nur durch das Kreuz gestört gefühlt".
Es war aber alles viel schlimmer, wie diese beiden Artikel aus dem Jahr 2018 verdeutlichen:
Hexenjagd in der Hallertau
Kreuz-Debatte in Schule: Jugendliche werden ausgegrenzt

Auch hat das Urteil bereits dazu geführt, dass uns Hassmails erreicht haben. Es wäre schön, wenn Presse und Fernsehen auch das thematisieren würden und sich die Politik in ihren Reaktionen zurückhaltend und mit Respekt gegenüber Nichtgläubigen und Andersgläubigen verhalten würde.
Im übrigen freut es uns, dass unsere Position zum Kreuz auch von kirchlichen Würdenträgern ähnlich gesehen wird. So ist im BR Videotext (364 BR Text 11.07.2025 10:34:56) zu lesen:
Landesbischof Kopp hingegen sagte, gerade in einem Staat, der die Religionsfreiheit schütze, sei es wichtig, Räume wie staatliche Schulen weltanschaulich neutral zu halten. “Glaube darf nie Zwang sein. Er lebt aus der Freiheit."

Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Art. 4.1 Grundgesetz: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
WRV Art. 137.7 Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.


Walter Guggemos
1. Vorsitzender des bfg Augsburg K.d.ö.R.
86836 Untermeitingen
walter.guggemos@gmail.com
Tel: 08232 5033976




Weitere Stellungnahme...



Wer wir sind

Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg wurde 1911 als "Freireligiöse Gemeinde Augsburg" gegründet, doch die Ursprünge dieser Bewegung und der Bezeichnung gehen bis auf die 1848er Revolution zurück.

In der Weimarer Republik gehörte die Augsburger Gruppe dem Volksbund für Geistesfreiheit an, der vor seiner Auflösung durch die Nazis bundesweit 780.000 Mitglieder hatte und dessen zentrale Themen neben der Auseinandersetzung zwischen Evolutions- und Schöpfungslehre das Recht auf Feuerbestattung und eine eigene Bestattungskultur waren, wie auch das historische Emblem symbolisierte.

Im Oktober 1950 wurde die Augsburger Gruppe neu gegründet.


Blick zurück auf das Jahr 2024 beim Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg

von Heidi Jovanovic

Jahresauftakt voller Elan

Mit einem Jahresauftakttreffen am 3. Januar begann der bfg Augsburg das Jahr voller Elan und Zuversicht, nicht ahnend dass er noch in der ersten Jahreshälfte seinen langjährigen Vorsitzenden Gerhard Rampp verlieren sollte.

Weihnachtsfest - Entstehung und bedeutung

Von Gerhard Czermak

An Weihnachten feiert die Christenheit weltweit das Fest der Geburt des Erlösers Jesus Christus, und zwar das eigentliche kirchliche Fest am 25. 12. bzw. in der Nacht zum 25.12., in den orthodoxen Kirchen jedoch am 6. 1. An diesem Tag (Epiphanie: Erscheinung des Herrn) wurde das Geburtsfest Jesu ursprünglich allgemein gefeiert. Das Wort Weihnachten ist vorchristlichen Ursprungs und bezeichnet die geweihten Nächte um die Wintersonnenwende. Wenn bei all dem Unglauben, der in Europa heute vorherrscht, das christlich überzuckerte Weihnachts- und Familienfest mit seiner immer durchschimmernden Sehnsucht nach Frieden, Harmonie und innerer Freude zu einem einmalig hohen Kirchenbesuch im Jahreszyklus führt, so ist das ein Beweis für seelische Bedürfnisse. Das ändert nichts daran, dass die Weihnachtsgeschichte fast allen Menschen als Legende erscheint. Wenn dennoch Kirchenoffizielle nicht ohne Weiteres von Legende sprechen, sondern so tun, als handele es sich zumindest im Kern um wahre Begebenheiten, stärkt das nicht ihre Glaubwürdigkeit.

Jahresrückblick 2023

Nun ist es nahezu komplett, das Jahr 2023. Es war ein Jahr, das uns für Vieles die Augen geöffnet hat. Und es war ein Jahr, in dem die Kirchen weiter an Bedeutung verloren - vielleicht gerade darum. Denn nur eine säkulare, wissenschaftsgestützte und von einer offenen Gesellschaft geprägte Herangehensweise kann den Herausforderungen, die die Entwicklungen des Jahres 2023 an die Menschen stellte, gerecht werden. Der Bund für Geistesfreiheit Augsburg verfolgte diese Herausforderungen und Entwicklungen, diskutierte sie bei seinen Treffen und brachte sich direkt und über die von ihm unterstützten Partnerorganisationen dazu ein. Mehr dazu nach einem kurzen allgemeinen Blick auf das Jahr 2023.

Ludwig-Feuerbach-Preis 2023

Der bfg Augsburg hat am 09.11.2023 den 6. Ludwig-Feuerbach-Preis an Dr. Gerhard Czermak verliehen.

G. Czermak
Dr. Gerhard Czermak Bild: Andreas Wagner





Seelsorgegeistlichenpfennig und staatliche Zuwendungen an den bfg

Erfreulicherweise nahm die Mitgliederzahl des Bundes für Geistesfreiheit Augsburg um über 100 zu, was auch finanzielle Auswirkungen hat, die kurioserweise mit dem "Seelsorgegeistlichenpfennig" zu tun hat, auf den hier näher eingegangen werden soll. Tatsächlich erhielt die katholische Kirche Bayerns bereits im 19. Jahrhundert - zusätzlich zu allen anderen Privilegien - einen staatlichen Zuschuss zur Finanzierung ihrer Pfarrer. Als die Evangelischen gegen diese Bevorzugung protestierten, bekamen sie einen gleich hohen Pro-Kopf-Zuschuss. Nach 1945 dämmerte dem Kultusministerium, dass aus Gleichbehandlungsgründen auch alle kleinen religiösen oder weltanschaulichen Körperschaften den gleichen Zuschuss erhalten müssen, denn laut Grundgesetz darf der Staat keine Konfession bevorzugen. Derzeit beläuft sich der Betrag auf 6,84 Euro je bayerischem Mitglied, was bei den Kirchen 45 bzw. 15 Millionen Euro ausmacht und etwa 10 Prozent der Pfarrergehälter deckt.

Der Bund für Geistesfreiheit Augsburg kämpft - leider im Gegensatz zu manch anderem säkularen Verband - darum, diese Subventionierung abzuschaffen, weil sie sachlich durch nichts zu rechtfertigen ist und die weltanschaulich überhaupt nicht Organisierten benachteiligt. Da der bfg Augsburg aber die Macht dazu nicht hat, wird er bis dahin die ihm zufließenden Mittel nutzen um weltliche humanistische Einrichtungen zu unterstützen. Daher haben wir in 2019 den Humanistischen Pressedienst (hpd) sowie den Aufbau einer demokratischen, selbstbestimmten und (im Sinne von Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes) bekenntnisfreien Schule mit jeweils einem vierstelligen Betrag gefördert. Ebenso unterstützen wir z. B. die Arbeit des Instituts für Weltanschauungsrecht (IFW) und einzelne juristische Verfahren, in denen es um fragwürdige kirchliche Privilegien geht. Dabei werden wir aber die Abschaffung dieses Seelsorgegeistlichenpfennigs nicht aus den Augen verlieren. Jedenfalls ist klar, dass jedes zusätzliche bfg-Mitglied den Säkularisierungsprozess unserer Gesellschaft unterstützt.

Aktion:

Der bfg Augsburg übernimmt die Kirchenaustrittsgebühr für Jugendliche und Geringverdiener in Bayern

Der Bund für Geistesfreiheit Augsburg bietet Menschen im Freistaat Bayern die Möglichkeit an die Kirchenaus­tritts­gebühr, die fast überall 35 Euro beträgt, zu übernehmen. Voraussetzung dafür ist eine Mitgliedschaft im bfg-Augsburg. Hierzu reicht auch die beitragsfreie Solidaritätsmit­glied­schaft aus. Damit wollen wir Menschen ohne eigenes oder mit geringem Einkommen den Schritt erleichtern, sich von den Kirchen zu trennen. Wer also beim Einwohnermeldeamt seinen Austritt erklärt hat und dort die Kirchenaustritts­gebühr bezahlt hat und bei uns Mitglied wird, erhält die Rückerstattung der Gebühren durch den bfg-Augsburg.

Voraussetzung: Sie stellen den Antrag auf Rückerstattung zusammen mit der Beitrittserklärung zum bfg und einer Kopie der Austrittsbescheinigung spätestens 14 Tage nach Ihrem Kirchenaustritt.

Der Bund für Geistesfreiheit ist eine Weltanschauungsgemeinschaft in der Tradition der europäischen Aufklärung. Er vertritt die Interessen und Rechte von Konfessionslosen. Das Selbstverständnis seiner Mitglieder beruht auf der Lebensauffassung des weltlichen Humanismus.

Beiträge und Spenden an den bfg Augsburg sind steuerlich absetzbar!

Austritt